Gerne wird nicht nur die AHV, sondern insbesondere das Umlageverfahren als Meilenstein des Schweizer Sozialstaates angepriesen. Zweifellos profitiert die Mehrheit der Bevölkerung davon, weil sie ohne Umverteilung eine zu geringe Rente hätte. Doch Moment… stimmt das wirklich?
Ein kleines Gedankenspiel
Was wäre, wenn die AHV nicht nach dem Umlageverfahren, sondern nach dem Kapitaldeckungsverfahren organisiert wäre? Sprich: Jeder spart für sich und zahlt die Beiträge auf ein eigenes Konto ein (analog unserem Pensionskassensystem).
Eine Person, die 2014 mit 65 pensioniert wird, hat während ihres Erwerbslebens einen durchschnittlichen Lohn erhalten (2013 rund 6’100 CHF brutto pro Monat) und jeweils die gewohnten 8,4% in die AHV einbezahlt. Nach der Pensionierung erhält sie eine AHV-Rente von etwa 2’150 Franken pro Monat. Schön. Wären die 8,4% aber stattdessen in eine kapitalgedeckte AHV geflossen, wäre die Rente mit über 2’700 Franken deutlich höher gewesen – dies wegen des Kapitalertrags an den Finanzmärkten. Für den Durchschnittsschweizer wäre das Kapitaldeckungsverfahren also deutlich besser.
Was ist mit einkommensschwachen Personen?
Eine Person, die nur 4’200 Franken pro Monat verdient, erhält eine AHV-Rente von etwa 1’850 Franken pro Monat. Dieselbe Person erhielte mit der kapitalgedeckten Variante ebenfalls rund 1’850 Franken pro Monat. Verlierer der kapitalgedeckten Lösung wären somit jene, die weniger als 4’200 Franken pro Monat verdienen und solche, die einen längeren Erwerbsunterbruch hatten (z. B. geschiedene Frauen mit Kindern).
Also doch keine gute Lösung?
Doch. Denn die heutigen AHV-Renten können nur ausbezahlt werden, weil der Bund insgesamt rund einen Viertel der Kosten (etwa 11 Mrd. CHF) trägt. Das heisst, mit einer kapitalgedeckten AHV würden beim Bund 11 Mrd. Franken frei – pro Jahr! Ein Teil dieses Geldes muss zwingend für einkommensschwache Personen eingesetzt werden, damit auch diese eine höhere Rente erhalten als mit der heutigen Lösung.
Die AHV wäre neu also nicht mehr nach dem heutigen Giesskannenprinzip organisiert. Denn heute erhält jeder – auch der Millionär – eine AHV. Neu würden nur noch Bedürftige gezielt unterstützt – wie es eigentlich im Schweizer Sozialsystem üblich ist.
Für die gezielte Unterstützung ist nur ein Teil der 11 Mrd. Franken nötig. Mit dem grossen Rest können Steuern und Abgaben gesenkt werden, wovon alle profitieren.
Warum wird es also bisher nicht umgesetzt?
Trotz der klaren Vorteile des Kapitaldeckungsverfahrens wagt bisher nur Chile diesen Schritt. Denn problematisch ist insbesondere die Umstellung vom Umlage- zum Kapitaldeckungsverfahren. Diese Umstellung ist nur dann sozialverträglich möglich, wenn die Übergangsfrist sehr grosszügig gewählt wird (in Chile dauert sie bis Mitte dieses Jahrhunderts).
Dennoch sind wir der Meinung, dass dies kein Hindernis sein darf. Wir fordern deswegen den Bundesrat auf, eine Lösung aufzuzeigen, wie die Schweiz den Schritt vom Umlage- zum Kapitaldeckungsverfahren vollziehen kann – denn von einer AHV, die nach dem Kapitaldeckungsverfahren statt dem Umlageverfahren organisiert ist, profitieren wir alle.
Patrick Eugster, Vorstand Jungfreisinnige Kanton Zürich
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