Abstimmungskampagne für die Mittelstandsinitiative lanciert
«Weniger ist mehr für Alle»
Ein breit verankertes Abstimmungskomitee aus Zürcher Politik und Wirtschaft lanciert ab dem 06. Januar die Abstimmungskampagne für die Mittelstandsinitiative. Mit klaren Botschaften wie «Zürcher wollen weniger zahlen», «Zürcher fertig ausgepresst» oder «Weniger ist mehr für Alle» wird der Zürcher Stimmbevölkerung über die kommenden fünf Wochen die Mittelstandsinitiative näher gebracht. Eine Initiative der Jungfreisinnigen Kanton Zürich, die eine Steuerentlastung für Alle statt für Wenige fordert.
Vor neun Jahren stand der Kanton Zürich an einem ähnlichen Punkt wie heute. Damals wollten alle – der Regierungsrat, die bürgerlichen Parteien, die GLP und die SP – die Bevölkerung um rund 800 Millionen Franken pro Jahr entlasten. Alle haben sie erkannt, dass der Kanton Zürich attraktive Steuern für alle bieten muss, um konkurrenzfähig zu bleiben. Uneinig waren sich die Parteien nur, wie man die Bevölkerung entlasten sollte. Das Volk verwarf schließlich alle Vorschläge. „Seither ging nichts mehr. Entsprechend liegt der Kanton Zürich bezüglich Besteuerung von tiefen und hohen Einkommen weiterhin auf den hinteren Plätzen“, so Dr. Urs Landolf, Steuerkonsulent Wenger & Vieli AG.
Auch wenn der Kanton Zürich bezüglich der Besteuerung des Mittelstands im interkantonalen Vergleich gut abschneidet, darf man nicht vergessen: Für diese Bevölkerungsgruppe sind die finanziellen Belastungen verhältnismäßig am größten. Gemäß Bundesamt für Statistik gehören über 58% der Schweizer Bevölkerung zum Mittelstand. „Zum Mittelstand gehören Leute, die Steuern bezahlen und oft auch in Unternehmen Verantwortung tragen. Diese Leute profitieren aber kaum je von Prämienverbilligungen oder Subventionen anderer Art. Darum haben Vertreter des unteren Mittelstands letztlich oft nicht mehr Geld im Portemonnaie als Personen mit tiefen Einkommen“, sagt Nationalrat Gregor Rutz, Präsident des Zürcher Hauseigentümerverbands.
Auch indirekt ist der Mittelstand unter Druck: Einkommensstarke Personen meiden aufgrund ihrer weiterhin hohen Besteuerung den Kanton Zürich und lassen sich stattdessen in unseren Nachbarkantonen nieder, wo die Steuern überall – teilweise deutlich – tiefer sind. „Dass dies nicht nur eine Behauptung ist, sondern auf Fakten basiert, zeigen die Daten aus den kantonalen Statistikämtern: Während im Kanton Zürich die Anzahl Einkommensmillionäre trotz Bevölkerungswachstum stagniert, steigen sie rund um unseren Kanton teilweise stark an“, merkt Hans-Jakob Boesch, Präsident FDP Kanton Zürich, an. Auf der einen Seite fehlen unserem Kanton so die entsprechenden Steuererträge, was die Belastung für den Mittelstand erhöht. Auf der anderen Seite fallen beispielsweise Infrastrukturkosten dennoch im Kanton Zürich an, weil diese Personen oft hier arbeiten. Zusammengefasst: „Der Mittelstand ist unter Druck und steuerkräftige Personen ziehen in Nachbarkantone. Eine Strategie, die langfristig nicht aufgehen kann, wenn wir unser hohes Niveau bei der Infrastruktur, im Bildungs- oder Gesundheitswesen beibehalten möchten“, so Christof Domeisen, CEO Angst + Pfister Gruppe.
Die Mittelstandsinitiative möchte genau das: „Indem die Steuerfreigrenze erhöht wird, werden tiefe Einkommen entlastet. Dank angepassten Progressionsstufen zahlt der Mittelstand weniger Steuern. Und mit einer Streichung der höchsten Progressionsstufe wird der Kanton Zürich für hohe Einkommen attraktiver“, erklärt Sandro Lienhart, Präsident Jungfreisinnige Kanton Zürich. Die Steuererleichterungen sind gerade für den Mittelstand spürbar. So wird künftig eine Familie mit einem steuerbaren Einkommen von 75’000 Franken rund 1’150 Franken weniger Steuern zahlen pro Jahr.
Gemäss dem Regierungsrat ist mit Steuerausfällen für den Kanton von rund 350 Mio. Franken und für die Gemeinden von gegen 400 Mio. Franken zu rechnen – insgesamt also rund 750 Mio. Franken. Die Höhe der Steuerausfälle sind mit ein Grund, weshalb der Regierungsrat die Initiative ablehnt. „Der Kanton und die Gemeinden schrieben in den vergangenen drei Jahren Überschüsse von jeweils rund 850 Mio. Franken – pro Jahr. Entsprechend könnte die Mittelstandsinitiative ohne ein einziges Sparprogramm finanziert werden“, so Camille Lothe, Präsidentin Junge SVP Kanton Zürich. Folgerichtig ist zudem eine Verbesserung der Standortattraktivität und der dynamischen Wirkung einer Steuererleichterung durch den Zuzug von neuen, einkommensstarken Personen beizuziehen.
Die linken Parteien kritisieren, dass vor allem “Reiche” profitieren würden und deswegen die Namensgebung eine Mogelpackung sei. Es stimmt, dass auch hohe Einkommen profitieren; dies wurde nie bestritten. „Doch nur etwa ein Zehntel der total 750 Mio. Franken gehen an Steuerpflichtige, die mehr als eine halbe Million Franken pro Jahr verdienen“, sagt Alfred Heer, Präsident Bund der Steuerzahler. Wie bereits erwähnt, ist es wichtig, dass diese Steuerzahler im Kanton bleiben und hier ihre Steuern zahlen und nicht in die umliegenden, steuergünstigeren Kantone ziehen. „Aber viel wichtiger und richtiger: Der grösste Teil der 750 Mio. Franken Steuererleichterung geht an den Mittelstand und an tiefe Einkommen“, so CVP alt Kantonsrat und Präsident Industrie- und Handelsverein Dietikon Josef Wiederkehr.